Verträge, Vertragspartner, Finanzierung, Planungen


Vertragsausschnitt - Scan aus der Broschüre „Öffentlicher Personennahverkehr in Bamberg“, Stadtwerke Bamberg 1991


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Verträge und Finanzierung in trockenen Tüchern

1893 wurde der Stadt der Bau einer elektrischen Straßenbahn von zwei Unternehmen angeboten: Union AG und Elektrizitätsgesellschaft Felix Singer & Co. aus Berlin.

Am 15. Mai 1896 beschloss der Magistrat, dass die Firma Singer den Zuschlag für den Betrieb einer Straßenbahn erhält.

„Am 13.7.1896 teilten die Bankhäuser C. H. Kötschmar, Abraham Schlesinger und S. Kaufmann & Co., alle Berlin, dem Magistrat der Stadt Bamberg mit, daß die Bankhäuser für die „Elektrizitäts-Gesellschaft Felix Singer & Co., Berlin“ das Vorhandensein des zur Erbauung der genannten Straßenbahn nötigen Kapitals garantieren und teilten gleichzeitig mit, daß  im Lauf der nächsten Woche in Bamberg die Eintragung einer Aktiengesellschaft „Straßenbahn und Elektrizitätswerk Bamberg“ mit einem Kapital von 1.100.000 Mark in das Handelsregister der Stadt Bamberg stattfinden soll. Bereits im Juli 1896 sandte die Firma Singer den technischen Erläuterungsbericht zu den Ausführungsplänen an die Stadt, die vom damaligen Ersten Bürgermeister Herd am 21.7.1896 keinem geringeren als dem Ingenieur Oskar von Miller in München zur gutachtlichen Stellungnahme zugeleitet wurde. Nach der Überprüfung durch Oskar von Miller wird der nun überarbeitete technische Erläuterungsbericht am 5. Oktober 1896 abgegeben, der den Streckenverlauf der einzelnen Linien festgelegt hat und Ausführungen zu den Motorwagen macht. Für den Betrieb der Straßenbahn ist entsprechend der „königlich allerhöchsten Anordnung vom 20. Juni 1855“ eine Konzession notwendig. Diese wird im Namen Seiner Majestät des Königs von Luitpold, Prinz von Bayern, am 2. April 1897 unterschrieben. Ein Konzessionsvertrag zwischen der Firma Elektrische Straßenbahn Bamberg AG und der Stadt Bamberg, welche die Firma Elektrische Straßenbahn AG ermächtigt, die Straßen, Plätze und Brücke zu nutzen, wird am 13. Oktober 1900 ausgefertigt.“
(Zitate aus der Broschüre „Öffentlicher Personennahverkehr in Bamberg“, Stadtwerke Bamberg 1991)

Was mich etwas verwundert, ist ein Artikel aus den "Bamberger Neueste Nachrichten" vom 13.01.1898. Offenbar gab es zwischenzeitlich Diskussionen, ob der Betrieb mit einer Pferdestraßenbahn eine Alternative wäre. In dem Beitrag wird ausführlich über die Vor- und Nachteile einer von Pferden gezogenen Straßenbahn berichtet. Es heisst dort u.a., dass "die Konkurrenzfähigkeit des Pferdes ... also heute nicht mehr in Betracht kommt und ist wohl einzusehen, daß die Spezies "Trambahnpferd" dem Ackerbau oder schlimmsten Falls dem Wurstschlächter rettungslos verfallen ist. Die aus den Schwächen des Pferdes sich ergebende Kostspieligkeit für den Zugdienst, hat frühzeitig den Wunsch aufkommen lassen, dasselbe durch Maschinenkraft zu ersetzen."

Der Konzessionsvertrag musste nun in die Praxis umgesetzt werden. Wie man liest, ging dies nicht ohne Widerstände aus der Stadtbevölkerung ab. Es mussten schließlich die elektrischen Oberleitungen meist an Privathausfassaden aufgehängt und die Schienen in teilweise engen Straßen verlegt werden. Das sehr enge Pfahlplätzchen stellte z.B. ein besonderes Problem wegen der Verkehrssicherheit dar. In der Hauptwachstraße (Nähe Kettenbrücke) mussten einige Häuser nach dem Kauf durch die Stadt abgebrochen werden, um entsprechend Platz für die Fahrspuren zu schaffen. Einige Geschäftsleute wandten sich mit Beschwerden wegen „Geschäftsschädigung“ an das zuständige Ministerium in München. Die örtliche „Straßenbahnkommission“ hatte sich einiges anzuhören und versuchte zu vermitteln.

So konnte „erst im Frühjahr 1897 mit dem Verlegen der Schienen begonnen werden... Erstaunlich war dann aber das vorgelegte Tempo: innerhalb von sieben Wochen wurde die mehr als neun Kilometer lange Strecke verlegt und in nur 36 Arbeitstagen wurden 15000 qm Straßenfläche umgepflastert.“
(Zitate aus der Broschüre „Öffentlicher Personennahverkehr in Bamberg“, Stadtwerke Bamberg 1991)

Kostenvoranschlag der Fa. Singer. Scan aus der Broschüre „Öffentlicher Personennahverkehr in Bamberg“, Stadtwerke Bamberg 1991


Die armen Lohnkutscher

Es gab große Unruhe unter den "Lohnkutschern", die auch am Bahnhof auf Kundschaft warteten. Sie betrachteten die Straßenbahn als große Konkurrenz, was sich später auch bewahrheiten sollte. 

NEU:
Rechnungsausschnitt (Stadtarchiv Bamberg)

Vor dem Bahnhof stehen sie "Schlange"

Erweiterungspläne der Straßenbahn über Gaustadt hinaus?

Bis man darüber reden konnte, ging dem ein umfangreicher Schriftverkehr voraus. Wobei das Wort Schrift mit wenigen Ausnahmen handschriftlich zu verstehen ist. Oft mit kunstvoller Feder verfassst, wie ich mich bei meinem Besuch im Staatsarchiv überzeugen konnte. Zwei dicke Wälzer mit zusammen gut 15 cm Höhe befassen sich unter dem Titel "Regierung von Oberfranken" mit der Herstellung einer elektrischen Straßenbahn in Bamberg 1896 -1898. Damals hieß das Aufsichtsorgan natürlich "Koenigliche Regierung von Oberfranken" und die Genehmigungsbehörde "Koengl. Bayerisches Staatsministerium des Koenigl. Hauses und des Aeussern". Interessante Abhandlungen sind es jedenfalls, die erkennen lassen, wie lange man sich beim Beantworten von Schreiben, von Differenzen oder gar zu einem persönlichen Besuch der Straßenbahn-AG aus Berlin in Bamberg Zeit ließ.

Eine echte Entdeckung und Überraschung zugleich war eine Akte des "Bezirksamtes Bamberg" im Staatsarchiv, die sich auf die Ausdehnung der Bamberger Strassenbahn nach Gaustadt und Bischberg sowie der Versorgung dieser Gemeinden mit Elektrizität 1910-1911 bezog.

Mit Schreiben vom 31. Januaar 1910 (Journal-Nr. 139/10) stellte die Elektrische Straßenbahn Bamberg Aktien-Gesellschaft, Berlin W,35, Potsdamerstr. 28 an Herrn Bürgermeister Leicht, Hochwohlgeboren, Gaustadt b/Bamberg, den Antrag auf "Erweiterung der Strassenbahn durch Gaustadt nach Bischberg. Voraussetzung sei die gleichzeitige Versorgung des in Betracht zu ziehenden Interessengebietes mit elektrischem Strom zu Licht- und Kraftzwecken, um eine bessere Wirtschaftlichkeit der Erweiterungen des bestehenden Unternehmens zu erzielen."

Für Mitte Februar war eine persönliche Vorsprache eines Vertreters der AG aus Berlin zugesagt, die sich jedoch verzögerte. Bürgermeister Leicht erhielt am 3. Mai 1910 von der AG ein Schreiben, "dass der Ausbau der Straßenbahn nach Gaustadt bzw. Bischberg in Angriff genommen wird, sobald die Stromversorgung des Interessengebietes durch uns gesichert ist. Die Vorarbeiten für das Projekt der Bahnverlängerung und die Versorgung von Gaustadt mit elektrischem Licht und Kraftstrom sind bereits fertig gestellt."

Man sieht an diesem und anderen Beispielen die starke Verknüpfung des gesamten Vorhabens mit zwei Prämissen: Einerseits eine elektrische Straßenbahn zu betreiben und natürlich auch Strom zu verkaufen, um eine bessere Wirtschaftlichkeit zu erzielen. Nach etlichen Irritationen und zwischenzeitlich stattgefundenen Gesprächen schrieb die AG am 4. Oktober 1910, dass die Finanzierung gesichert sei und in Kürze Verhandlungen mit der Regierung geführt würden.

Ich möchte aber noch ein wenig weiter ausholen, weil es jetzt gleich noch interessanter wird. Der Verfasser eines Schreibens des Bezirksamtes Bamberg II warnt am 10. Oktober 1910 vor einer vorzeitigen Bindung und bemerkt, "... dass ich andererseits der Gemeinde Gaustadt eine elektrische Strassenbahn von Herzen gönnen würde, bedarf keiner Versicherung". Die Staatsregierung dringt außerdem darauf, dass Verträge nur im vorherigen Benehmen mit dem Bezirksamt geschlossen werden dürfen.
Naja, höchst interessante Überlegungen waren es schon.

Dem Schreiben des "Koenigl. Bezirksamtes II" vom 25.11.1910 ist ein aus damaliger Sicht fast schon revolutionärer Vorschlag zu entnehmen:
Man liest, "dass die Elektrische Strassenbahn Aktien-Gesellschaft Berlin plant, die Strassenbahn auch über Gaustadt/Bischberg bis Viereth-Eltmann auszudehnen und damit die Versorgung der im Maintal zwischen Bamberg und Eltmann gelegenen Ortschaften mit Licht und Kraft zu verbinden." Es blieb auch hier bei den Planungen.

Ein aus damaliger Sicht wagemutiger Vorschlag. Schließlich wäre daraus eine gewisse Konkurrenzsituation zur Eisenbahn entstanden. Aus diesen Absichten ist dann, wie wir wissen, sicher auch aus wirtschaftlichen Gründen nichts geworden...